Als sie HeidelbergCement um Antworten auf Menschenrechtsfragen im Zusammenhang mit seinen Aktivitäten in der besetzten Westsahara bat, wurde der Sahraui Khadja Bedati mitgeteilt, dass das Unternehmen "bewusst Sozialsponsoring für verschiedene Sportvereine betreibt".
Der Vorstandsvorsitzende von HeidelbergCement, Dr. Bernd Scheifele, will nicht beantworten, ob sein Unternehmen die Erlaubnis des sahrauischen Volkes eingeholt hat, ein Zementwerk auf dem Gebiet der Westsahara zu betreiben. Die Antwort wurde während der Hauptversammlung des Unternehmens am 9. Mai in Wiesloch (Deutschland) gegeben.
Dr. Scheifele erklärte, dass das Unternehmen stattdessen Arbeitsplätze schaffe und Projekte durchführe. Es ist anzunehmen, dass diese Projekte auch in Partnerschaft mit der marokkanischen Regierung durchgeführt werden, die das Gebiet illegal besetzt.
"Warum haben Sie nicht um unsere Erlaubnis gebeten, die Erlaubnis des sahrauischen Volkes, auf unserem Land zu arbeiten? Sie haben diese einfache Frage noch nicht beantwortet. Wir verdienen eine Antwort", kommentierte Bedati. Ihre vollständige Anfrage finden Sie hier. Frau Bedati nahm bereits 2018 an der Hauptversammlung von HeidelbergCement teil.
Wie bei der Hauptversammlung 2018 hat das Management von HeidelbergCement die Kernfrage nicht behandelt. Stattdessen wird erklärt, dass Arbeitsplätze geschaffen werden. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) kam in seinen Entscheidungen von 2016 bis 2018 zu dem Schluss, dass die Westsahara nicht zu Marokko gehört und dass Abkommen der ausdrücklichen Zustimmung des Volkes der Westsahara bedürfen.
Western Sahara Resource Watch (WSRW) hat dem Unternehmen am 1. März 2018 geschrieben, aber keine Antwort erhalten. WSRW schrieb auf seiner Website vom 2. März 2018, dass das Unternehmen in seinen Veröffentlichungen die Westsahara als Teil von Marokko bezeichnet.
Hier ist die vollständige Antwort von HeidelbergCement an Frau Bedati am 9. Mai 2019:
Dr. Bernd Scheifele:
„Frau Bedati, zu Ihnen: Schön, dass Sie wieder zu uns gekommen sind zum Thema Westsahara. Sie haben ja schon erwähnt, es ist keine originäre Akquisition von HeidelbergCement. Die Aktivitäten gegen auf die 1990er Jahre zurück, von Italcementi, die Gesellschaft, die wir übernommen haben. Diese beitreiben dort unten ein Mahlwerk. Um das gleich klarzustellen: Wir bauen dort keine Rohstoffe ab, wie Phosphat oder sonstige Dinge, sondern wir mahlen Zement. Das heißt, wir importieren Klinker und haben dort ein Mahlwerk und beschäftigen in der Belegschaft zwei Drittel lokale Bevölkerung, Saharauris. Wir haben auch lokale Mitgesellschafter. Wir sind jetzt an Ciment du Maroc mit 54,6 Prozent beteiligt. Das ist eine börsennotierte Gesellschaft in Marokko, die marokkanischem Recht unterliegt. Das ist die Situation.
Zu Ihren Fragen. Habe ich den Ort besucht? Nein, sorry, habe ich nicht geschafft, steht auf der Agenda im September dieses Jahres. Da sind wir wieder eine Woche in Afrika unterwegs. Unser Afrika-Trip beginnt immer am Sonntagnachmittag, wo wir dann mit dem Flugzeug von Mannheim nach Marokko kommen und dann geht es weiter mit Zügen Richtung Burkina Faso, Togo, Ghana, Kongo, Südafrika über Tansania dann wieder zurück.
Der Herr X [unverständlich] war auf meine Bitten vor Ort, hat sich das angeschaut. An unserer Einschätzung hat sich nichts geändert. Wir glauben, dass wir das im Einklang mit lokalem, internationalem Recht betreiben. Wie gesagt, zwei Drittel der Mitarbeiter sind Saharauis und die Mitgesellschafter sind lokale. Ein Großteil der Produkte wird in der Region verwendet.
Wir machen bewusst social sponsoring von verschiedenen Sportvereinen und Baumpflanzungen.
Der Fall ist für uns als Unternehmen etwas schwierig. Da werden unsere Manager in der Presse gleich immer angegriffen. Wenn wir in politische Konflikte hereingezogen, ist für uns als Unternehmen nicht ganz einfach, weil die marokkanische Seite, das wissen Sie, die hat einen ganz anderen Standpunkt als Sie. Ich will das gar nicht bewerten. Ich kann sie aber auch gar nicht anweisen, das ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft.
Aber wenn wir das sagen würden, wir halten die marokkanische Rechtsposition zur Westsahara für Nonsens, wir schließen das Werk, ja dann kann ich meine Lizenzen zum Geschäftemachen in Marokko auch gleich zurückgeben. Ich weise darauf hin, dass das Geschäft Ciments du Maroc 140-150 Millionen Euro zum Konzernergebnis beisteuert. Wenn ich das mache, würde ich mich persönlich Haftungsklagen US-amerikanischer Anleger aufsitzen, die sagen, „Herr Scheifele, sind Sie eigentlich noch ganz dicht? Sie vernichten dort Aktionärsvermögen in Milliardengröße, und dies bei einer unklaren Rechtsposition.“ Daher müssen wir gucken, wo wir da bleiben.
Das ist der eine Punkt. Der zweite ist: Wir wollen an Ciments du Maroc langfristig festhalten. Wir haben Menschenrechtsverpflichtungen geprüft. Und Frau Bedati: Wir haben Ihre Rede ernst genommen. Selbstverständlich. Und wir haben daher auch bewusst eine Menschenrechtsprüfung durchführen lassen. Wir haben eine Risikoprüfung gemacht: Wie sieht es dort unten aus? Damit wir das auch dokumentieren können. Selbstverständlich halten wir bei HeidelbergCement Menschenrechte hoch, siehe Verhaltenskodex etc.
Wir kamen in dem Audit zu dem Ergebnis, dass die Menschenrechtssituation vor Ort in Ordnung ist.
Dann hatten Sie noch Fragen mit Investitionsgarantien der Bundesrepublik, das machen die. Ich glaube, für die Westsahara gibt es wahrscheinlich keine, das ist eine politische Entscheidung. Wir sind aber auch ein Unternehmen, dass typischerweise nicht mit diesen Exportgarantien arbeitet. Das überlassen wir anderen. Das machen dann eher Manager, die häufiger bei der Kanzlerin mitfliegen, da bin ich nicht mit dabei. Das machen wir nicht, wir gehen mit eigenem Geld eigenes Risiko ein. Wir brauchen keine Bundesbürgschaften dafür. Ich kann nur wiederholen: Wir glauben, dass wir bei der Westsahara unsere Aktivität im Einklang mit internationalem Recht betreiben.
Ich war dazu persönlich mit dem Herrn X [unverständlich] im Auswärtigem Amt, dreimal beim Herrn Berger, der für internationalen Wirtschaftsbeziehungen der deutschen Botschaft zuständig ist. Da haben wir auch über den Fall gesprochen und die dort informiert, um keine Irritationen zu erzeugen.
Dann das Thema Transaktion: Beim Verkauf haben wir selbstverständlich geprüft, wir haben mehrere Prozent von der marokkanischen Firma verkauft. Im Rahmen der Transaktion haben wir selbstverständlich die Rechtsthemen geprüft. Die Banken haben das angeschaut und den Investoren ist das Thema bekannt, das sind marokkanische Investoren. Insofern glauben wir, dass das so in Ordnung war.
Dann haben Sie noch gefragt: Zur Wahrung des Rechtsfriedens, sollten wir alle Projekte dort stoppen?
Da sind zwei Aspekte für uns wichtig. Das eine ist, was ich gesagt hatte, wenn ich das mache, würde ich sofort unser Geschäft in Marokko ins Risiko stellen. Das wäre für unser Unternehmen ein hoher Unternehmenswertverlust. Das ist nicht ratsam.
Das zweite Thema, das muss man wissen, ist immer die Frage der Handlungs- und Gewissensethik. Wenn wir das Mahlwerk einstellen würden, dann würden die Mitarbeiter, die bei uns beschäftigt sind, die bei uns gut bezahlt und behandelt werden, auch gute Sozialleistungen haben, die würden sofort ihren Job verlieren. Ob vor Ort damit den Menschen tatsächlich geholfen ist, da glaube ich, dass unsere Mitarbeiter und unsere lokalen Joint-Venture-Partner das ganz klar anders sehen.
Denn HeidelbergCement ist in Deutschland und auch weltweit ein sehr solider Arbeitgeber. Diese Standards halten wir selbstverständlich auch in der Westsahara und in Afrika ein. Das ist für mich auch eine Frage der persönlichen Haltung und Überzeugung. Die Menschen würden sonst ihre Arbeitsplätze verlieren.“
Siemens Energy ist unter den multinationalen Konzernen, die Berichten zufolge Interesse bekundet haben, Marokko beim Transport von in der besetzten Westsahara erzeugtem Strom in sein Staatsgebiet zu unterstützen.
Vorsicht bei den Informationen, die Sie an der Klimakonferenz in Marrakesch (COP22) über Marokkos Leistungen im Bereich erneuerbare Energie erhalten. Ein immer größerer Teil der Projekte liegt im besetzten Gebiet der Westsahara. Die in diesen Projekten gewonnene Energie wird zur Ausbeutung von Mineralien benutzt. Dies belegt ein neuer WSRW-Bericht.
Das US-Unternehmen GE Vernova scheint andere lukrativen Projekte aufs Spiel zu setzen, wenn es in der besetzten Westsahara für die marokkanische Behörden tätig ist.
Mit einem einzigen beteiligten Hafen ist Portugal erstmalig größter Gasexporteur in die besetzte Westsahara.